Jeremias Holliger

[kʌnt], 2017

35

Backyard // Hinterhof

ENGLISH

Intervention
Posters A0, limited edition

Jeremias Holliger’s work [kʌnt] is a pun; it is a thought. Referring to the structure of a wordplay, it intertwines two contrasting ideas, constantly revolving between different systems of reference. Through a simple linguistic and typographical positing, Kant’s concept of the ‘thing in itself’ is associated with its supposed opposite: a sexual organ. With a philosophical gesture, the work thematizes Kant’s views on morality; sexuality; the limits of the Enlightenment; and general questions of gender historically, politically and aesthetically. Holliger’s work reenacts the formation of a philosophical concept and reflects on the history of patriarchy and gender conformity, especially within the context of the arts and its conditions of production.

In its aesthetic language and its realization in poster form, the work raises questions of self-critique and opens up future potentialities. The text ‘Kants Ding an sich’ (Kant’s thing-in-itself) appearing on the posters, expresses ambivalence between what recognizes and what is recognized. [kʌnt] is about the body and the act of thinking: what we perceive, how we construct reality and how we understand our own volition.

DEUTSCH

Intervention
A0 – Plakat, limitierte Edition

Jeremias Holligers Arbeit [kʌnt] ist ein Spiel mit Wörtern. Ein Gedanke, der in der Form eines Witzes zwei sich kontrastierende Vorstellungen verknüpft und zwischen unterschiedlichen Bezugssystemen hin- und herwechselt. Kants Begriff des „Dings an sich“ wird durch eine sprachliche und typografische Setzung mit dem vermeintlichen Gegenteil assoziiert – dem Geschlecht. Die Arbeit hinterfragt damit nicht nur die Sittlichkeitsvorstellungen Kants und thematisiert mit einer philosophischen Geste Sexualität und die Grenzen der Aufklärung, sondern wirft ganz allgemein die Frage des Geschlechts auf – historisch, politisch, aber auch ästhetisch. Dabei ist Jeremias Holligers Arbeit eine Art Reenactment der Entstehung eines philosophischen Begriffs und eröffnet zugleich eine Reflexion über die Geschichte des Patriarchats und des sozialen Geschlechts, insbesondere im Kontext der Kunst.

In der Ästhetik der Arbeit und der Umsetzung als Plakat bündeln sich diese Fragen zu einer Selbstkritik und eröffnen zugleich einen Möglichkeitsraum, der in die Zukunft weist. Der Satz „Kants Ding an sich“ steht dabei für die Frage, was erkennt und was erkannt wird. Es ist eine Arbeit über den Körper und das Denken – darüber, wie wir Dinge wahrnehmen, Wirklichkeit konstruieren und unser Leben selbst in die Hand nehmen können.

Photos
1. David von Becker